Nachhaltigkeitsanalysen im Innovationsprozess von biofaserverstärkten Kunststoffen - Ökobilanzierung und Upscaling

Die Umweltperformance von biobasierten Faserverbundwerkstoffen ist trotz Substitution mineralölbasierter Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe nicht per se positiver zu bewerten. Die Veränderung der Werkstoffzusammensetzung zieht auch Anpassungen in Verarbeitungsprozessen, wie etwa dem Spritzguss als Formgebungsverfahren nach sich. Aufgrund der veränderten Ansprüche an die Produktionsprozesse, an die Werkstoffeigenschaften selbst, sowie an den Endprodukten und der Nutzungsdauern, sind detaillierte Vergleiche mit Referenzmaterialien und Analysen für eine ökologische Bewertung notwendig.

 

 

 

Material: Kumulierter Energieaufwand und CO2-Fußabdruck

Im Rahmen der Entwicklung eines neuen polypropylen (PP) Verbundwerkstoffes mit biobasierten Fasern, welcher beispielsweise in der Automobilbranche Anwendung findet, wurden verschiedene Formmassen und deren Einfluss auf Produktionsprozesse für die ökologische Bewertung analysiert.

Durch den substituierten Anteil von PP durch die biobasierten Fasern sind Unterschiede in der Energieintensität (Kumulierter Energieaufwand, KEA in MJ) und des CO2-Fußabdruck (in kg CO2-Äquivalententen) des neuen Verbundwerkstoffes gegenüber reinem PP feststellbar: Z.B. -15% MJ/kg und -20% CO2-Äquivalente/kg. Durch die Faserverstärkung werden die Materialeigenschaften verbessert, was weitere ökologische Vorteile bringt. Der Vergleich dieser Materialien bei gleicher Festigkeit zeigt Einsparungen von 30% bei KEA und 35% beim CO2-Fußabdruck.

 

 

Prozess: Spezifischer Energiebedarf

Die Veränderung der Werkstoffzusammensetzung zieht zunächst Anpassungen in Verarbeitungsprozessen, wie etwa dem Spritzguss als Formgebungsverfahren nach sich. Zunächst wurde der Energiebedarf beim Spritzguss  verschiedener Formmassen mit einer Matrix aus PP mit mineralischen und biobasierten Füllstoffen zu verschiedenen Anteilen messtechnisch im Labor erfasst. Dadurch konnte festgestellt werden, welchen Einfluss unterschiedliche Füllstoffe und Anteile einer Formmasse auf den Prozess des Spritzgießens und somit auf den spezifischen Energiebedarf des Spritzgusses haben.

Durch Analyse der Leistungskurven wurden die Zykluszeiten der einzelnen Prozessphasen ermittelt. Der spezifische Energiebedarf [MJ/kg] jeder Formmasse wurde über das Schussgewicht berechnet. Die Ergebnisse liegen zwischen 1,7 MJ/kg bis 3,2 MJ/kg, wobei die biobasierten Faserverbundwerkstoffe im unteren Teil des Spektrums liegen. Es konnte gezeigt werden, dass dies insbesondere durch die Verkürzung der energieintensiven Nachdruckphase zustande kommt.

 
 
 
 

Upscaling: Spezifischer Energiebedarf

Drei Formmassen wurden zusätzlich an zwei Großanlagenmaschinen verarbeitet um die Auswirkungen des Upscalings zu untersuchen. Hinsichtlich des Upscalings des Schussgewich-tes und damit dem Wechsel auf größere Maschinen wurde in drei Versuchsreihen festgestellt, dass der spezifische Energieverbrauch der verschiedenen Formmassen sowohl eine Steigerung, als auch eine Verminderung der Effizienz anzeigt. Einerseits können Zykluszeiteinsparung bis zu minus 40% festgestellt werden. Andererseits ist insbesondere bei einem nötigen Wechsel der Technologie von elektrischen zu hydraulischen Maschinen ein erhöhter Bedarf an Antriebsenergie zu verzeichnen.

 

 

Wirkungen und Effekte

Biobasierte Faserverbundwerkstoffe können eine interessante Alternative im Rahmen einer Bioökonomie darstellen: durch die Substitution von mineralölbasierten Rohstoffen, durch potentielle Ersparnisse im Einsatz von Rohstoffen durch Steigerung der Funktionalität, sowie durch potentielle Einsparungen an Energie durch adaptierte Prozessführung.

In dieser Studie wurden die Einflüsse der Formmassenrezeptur und des Upscaling auf die ökologische Bewertung eines neuen biobasierten Faserverbundwerkstoffes untersucht als Beitrag für weiterer Forschung und Entwicklung.

Dadurch wurde gezeigt dass eine differenzierte ökologische Bewertung schon während der Produktentwicklung einen wichtigen Beitrag leistet.