Prozesses zur Entfernung störender Verunreinigungen aus einer Holz-Bioraffinerie

Bei der Herstellung von Faserzellstoff nach dem Sulfitverfahren bilden sich Essigsäure und Furfural aus der Hemicellulosefraktion von Laubholz. Während der Chemikalienrückgewinnung fallen diese dann in verdünnter Form in einem wässrigen Nebenstrom an. Um diese Wertstoffe zu isolieren hat Lenzing vor über 40 Jahren einen bis heute einzigartigen Bioraffinerieprozess entwickelt. In diesem werden Essigsäure und Furfural mit einem speziellen organischen Lösungsmittel extrahiert. Anschließend werden diese in mehreren Verfahrensschritten voneinander getrennt, gereinigt und als Co-Produkte verkauft. Essigsäure wird hauptsächlich in der Lebensmittelindustrie eingesetzt und Furfural dient als Ausgangsprodukt zur Herstellung einer weiten Palette an speziellen Chemikalien. Durch Verunreinigungen des Bioraffinerie-Lösungsmittels kommt es allerdings zu Problemen, wie z.B. Ausbeuteverlusten, Phasentrennproblemen und starken Verschmutzungen in verschiedensten Anlagenteilen. Die chemische Struktur dieser Verunreinigungen, sowie deren Einfluss auf die Extraktion von Essigsäure und Furfural sind bisher noch unbekannt.

 

Verunreinigungen vermindern die Anlageneffizienz

Im Rahmen des COMET-Projekts 1.6 „Advanced Biomass utilisation“ konnten zwei Substanzklassen an Verunreinigungen identifiziert werden: Polymerisationsprodukte von Furfural und Holzextraktstoffe. Furfural bildet unter den Prozessbedingungen heterogene Polymere, welche dann in gelöster Form oder als Partikel vorliegen können. Diese lagern sich in den Anlagen ab und ihre Beseitigung erfordert periodische Reinigungsstillstände. Außerdem konnte gezeigt werden, dass sich im Bioraffinerie-Lösungsmittel Holzextraktstoffe, welche hauptsächlich aus Fettsäuren bestehen, zu hohen Konzentrationen anreichern können. In Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass die Holzextraktstoffe an das Lösungsmittel binden und so die Extraktionskapazität für Essigsäure vermindern. Außerdem konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass Holzextraktstoffe die Extraktion von Essigsäure verlangsamen indem sie eine Barriere an der Oberfläche der Lösungsmitteltropfen bilden.

 

Entwicklung eines Reinigungsverfahrens

Um die ursprüngliche Kapazität des Bioraffinerie-Extraktionsmittels wiederherzustellen, wurde ein kontinuierlicher Reinigungsprozess entwickelt. Inspiration kam dabei vom menschlichen Körper: In diesem ist eine Substanz namens Cholin für den Transport von Fettsäuren verantwortlich und verhindert die Akkumulation von überschüssigem Fett in der Leber. Für den Reinigungsprozess wird ein chemisch verwandtes Alkanolamin verwendet um über 99% der Holzextraktstoffe aus dem Bioraffinerielösungsmittel zu entfernen.

 

Zusätzlich werden dabei auch alle Feststoffe und ein Teil der gelösten Furfuralpolymere entfernt. Das verwendete Alkanolamin wird von den entfernten Verunreinigungen getrennt und zu 99% wiederverwendet. So kann das Bioraffinerie-Lösungsmittel auf einfache Weise gereinigt und die Produktivität der Anlage erhöht werden. Aktuell wird der Reinigungsprozess von der Firma Lenzing AG vom Labor in den Pilotmaßstab übertragen. Das gewonnene Know-How und der patentierte Prozess könnten in Zukunft auch für andere Extraktionsprozesse in der bio-basierten Industrie von Nutzen sein. Die Essigsäureproduktion der Lenzinger Bioraffinerie ist selbst nach 40-jährigem Betrieb ein noch nie emuliertes technisches „Wunderwerk“. Umso verblüffender war es, dass es einem Team von Wood K plus Forscher*innen und Lukas Almhofer gelungen ist, einen bisher unbekannten entscheidenden Leistungsfaktor dieses Prozesses aufzudecken und den Prozess mit einer radikalen, biomimetischen Innovation zu verbessern. Dieses Projekt ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass Forschung des Kompetenzzentrum Holz zu technologischen Durchbrüchen und gesteigerter Wertschöpfung in der Lenzing Gruppe beiträgt.“