Wenn eine Idee Wirklichkeit wird – erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Designer Jef Montes und Wood K plus
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Firma Haratech GmbH im COMET Programm sowie des europäischen Forschungsprojektes Re-FREAM konnten, innerhalb von nur acht Monaten Entwicklungszeit, aus einer Zeichnung eines innovativen Filaments für die Modeindustrie auf einem weißen Blatt Papier erste Prototypen gewebt bzw. gestrickt werden.
Jef Montes, ein niederländischer Designer und Modemacher, studierte von 2008 bis 2012 an der ArtEZ University of the Arts in Arnhem (NL). Bald darauf gründete er sein eigenes Label, welches seine Signatur trägt. Für seine Kollektionen verwendet Jef Montes zum größten Teil nachhaltige sowie recycelte Materialien, wie Fischernetze. 2018 gründete er sein eigenes Studio für Textilarchitektur https://studioadaptiveskins.com/). Seine Intention ist die Einbindung der Natur in den Designprozess. D.h., er möchte nicht einfach Muster aus 2D-Stoffen ausschneiden und vernähen.
2019 trat Jef Montes dem Re-FREAM (Re-Thinking of Fashion in Research and Artist collaborating development for Urban Manufacturing) Netzwerk bei, einem internationalen Horizon 2020 Projekt, bei dem sich kreative Köpfe und Designer mit Wissenschaftlern*innen zusammentun, um neue und nachhaltige Prozesse für die Modeindustrie zu entwickeln. Im Projekt „Marinero“ arbeitete Jef Montes an einer Kollektion mit dem Schwerpunkt „tailored by weather“ (https://www.re-fream.eu/portfolio/marinero-jef-montes/). Die Suche von Jef Montes nach einem geeigneten wissenschaftlichen Partner mit Know-how in der Filamentherstellung (siehe nächste oder übernächste Ausgabe der Wood News) führte ihn über Herrn DI Guillaume Clément von der Haratech GmbH zu Wood K plus. Herr Clément ist bei Haratech, einem etablierten Systemlieferanten für Serienfertigungen und Sonderlösungen, zuständig für die Bereiche Produkt-entwicklung und F&E.
Das Kick-off Meeting fand am 11. November 2019 statt. Nach dem die Terminologie, insbesondere „Was ist ein Filament“ bzw. „Wer versteht was unter Filament“ geklärt war, präsentierte Herr Montes seine Ansätze für sein „Adaptive Archi(tectural) filament“. Plan A war ein Monofilament, welches nach Auflösung einer wasserlöslichen Ummantelung (hergestellt im Melt Coating Verfahren - ähnlich Kabelummantelung) eine 3D-Struktur annimmt. Plan B sah ein texturiertes Monofilament, welches ebenfalls mit einem wasserlöslichen Polymer gecoatet war, vor.
Das Monofilament sollte idealerweise aus einem aus Meeresabfall gewonnenen recycelten Polymer sein (z.B. Polyamid aus Fischernetzen). Als wasserlösliche Ummantelung sollte für erste Versuche PVA (Polyvinylalkohol) getestet werden.
Zur Evaluierung der technischen Machbarkeit von Plan A wurde ein Nylon-Faden mit einem Durchmesser von ca. 0,5 mm mechanisch belastet, um danach eine unregelmäßige Struktur auszubilden (ähnlich dem Einrollen eines Geschenkbandes mithilfe einer Schere). Bevor sich die generierten Verschlaufungen ausbilden konnten, musste der Nylonfaden sofort nach der mechanischen Belastung mit einem wasserlöslichen Polymer beschichtet („melt coating“) und somit die inneren Spannungen eingefroren werden. Die mechanische Beanspruchung des Nylonfades sollte inline realisiert werden.
Als Ummantelung wurde neben PVA auch ein Polymer auf Milchprotein-Basis eingesetzt. Aufgrund der hohen Viskosität des wasserlöslichen Bio-Polymers konnte leider der geforderte Durchmesser von ≤ 0,8 mm nicht realisiert werden. Daher wurden die anschließenden Versuche mit PVA durchgeführt. Hier traten andere Herausforderungen auf. Einerseits führte die schlechte Haftung zwischen den beiden Polymeren zu einem Materialaufbau im Werkzeug und daraus resultierend zu unregelmäßigem Materialaustritt aus der Düse. Anderseits wurde die Oberfläche des ummantelten Filaments bereits durch die Abkühlung im Wasserbad so klebrig, dass das Filament danach nicht mehr von der Spule abgewickelt werden konnte. Durch zahlreiche Anpassungen konnte schlussendlich ein Filament mit einem Durchmesser von 1,1 mm hergestellt werden. Leider zeigte sich, dass der „Looping-Effekt“ nach dem Auflösen der Ummantelung durch die mechanische und thermische Belastung im Filament-Herstellungsprozess nahezu verloren ging.
Vergleichend wurde Plan B in Angriff genommen, da hierfür schon erfolgreich texturierte Filamente in Vorversuchen hergestellt werden konnten. Dazu war die Nachbildung einer Art Prägewalze notwendig.
Um mehrere Kilometer des strukturierten Monofilaments („textured monofilament“) gleichmäßig und zeitsparend herstellen zu können, wurde der Prozess schrittweise automatisiert bis schlussendlich 16 km Filament mit einem finalen Durchmesser von 0,5 mm extrudiert werden konnten. Aufgrund des zeitlich bedingten Projektendes konnten keine weiterführenden Melt Coating Versuche (Plan A) mehr durchgeführt werden. Diese sollen in einem derzeit diskutierten Folgeprojekt nachgeholt werden, ebenso der Einsatz von ressourcenschonenden Recyclingmaterialien sowie bioabbaubaren Beschichtungen.
Für Jef Montes begann nun die herausfordernde Arbeit der Herstellung der Kleider. Im TextielLab in Tilburg (NL), einem weiteren Projektpartner, wurden die Entwürfe in aufwändigen Web- und Strickversuchen umgesetzt. Mehrere Prototypen für anschließende Outdoor-Versuche und Ausstellungen, wie das Ars Electronica Festival 2020 am Areal der Johannes Kepler Universität, konnten erfolgreich hergestellt werden.
Die ganze Entstehungsgeschichte sowie alle Fakts zum Projekt „Marinero“ sind auf der Homepage von Studio Adaptive Skins sowie dem Blog von Jef Montes auf Instagram https://www.instagram.com/jefmontes/?hl=dezu finden. Dort wird auch die tägliche Änderung der Prototypen durch die Witterungseinflüsse (Regen etc.) dokumentiert.
Hier noch ein paar interessante Links für alle die lieber Videos schauen:
https://www.youtube.com/watch?v=BLjZrsO6Bl0&feature=emb_logo
https://www.youtube.com/watch?v=jYbV9rcRRqU&feature=emb_logo
Re-FREAM wird aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union finanziert (Fördervertrag Nr. 825647).